Die Geschichte des Dorfgemeinschaftshauses in Schneeren
Dorfrundweg - Station 1
Neben dem teilweise mehreren hundert Jahre alten Eichenbestand fallen dem Besucher schon beim ersten Besuch in Schneeren die zahlreichen Zeugnisse verschiedener bäuerlicher Baukultur aus verschiedenen Epochen ins Auge.
So finden sich die für diese Gegend typischen Vierständer Hallenhäuser in Fachwerkbauweise aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenso häufig wie die späteren Wohnwirtschaftsgebäude aus dem auslaufenden 19. Jahrhundert in Massivbauweise mit kunstvoll gemauerten Giebeln aus rotem Ziegelmauerwerk.
Das Dorfgemeinschaftshaus im Ausgangszustand
Ein besonders schönes Exemplar eines Zweiständer Hallenhauses von 1763 mit dazugehörigem Speicher befindet sich in der Dorfmitte, direkt neben der zentralen Bushaltestelle. Zusammen mit einem nahegelegenen fast identischen Gebäude aus dem Jahre 1762 gilt es als das älteste Wohnwirtschaftsgebäude Schneerens.
Leider waren das Haus und der Speicher total herunter gekommen und standen seit Jahren zum Verkauf. Trotz intensiver Bemühungen des Eigentümers fand sich kein privater Interessent, der das Anwesen an dieser Stelle erhalten und nutzen wollte.
Kurz vor dem drohenden Abriss 1989 führte eine letzte Initiative der staatlichen und kommunalen Denkmalpflege zusammen mit einigen interessierten Bürgern zu einer alternativen Lösung, die dem Dorf das Gebäude erhalten sollte. Zunächst erklärte sich die Stadtverwaltung der Stadt Neustadt am Rübenberge grundsätzlich zu einem finanziellen Engagement dann bereit, wenn im Ort für eine öffentliche Nutzung des Objektes eine institutionalisierte Trägerschaft sichergestellt sei.
Am 27.07.1989 fand die Gründungsversammlung des Heimatverein Schneeren e.V. statt. Er zählte sofort 35 Mitglieder. Zusammen mit Vertretern des kommunalen Planungsteams und der unteren Denkmalschutzbehörde wurde ein Nutzungs- und Finanzierungsplan aufgestellt. Dieser sah vor, das wiederhergestellte Gebäude zu einem Dorfgemeinschaftshaus umzunutzen. So sollte ein idealer Versammlungsraum für Vereine, für Ausstellungen, für allgemeine Vorträge und Seminare und auch für private Festlichkeiten entstehen. Zusätzlich war die Unterbringung der Verwaltungssprechstelle für Schneeren dort vorgesehen. Die Trägerschaft sollte der Heimatverein Schneeren e. V. übernehmen.
Das Dorfgemeinschaftshaus während der Renovierung
Mit Hilfe von Zuwendungen aus der Strukturhilfe wurde das Grundstück von der Stadt Neustadt erworben. Da auch erhebliche Mittel für die Sanierung des Gebäudes vom Amt für Agrarstruktur und von der staatlichen Denkmalpflege zur Verfügung gestellt wurden, konnte auch der Rat der Stadt Neustadt für die Inangriffnahme des Projektes gewonnen werden.
Der Erwerb des Grundstücks durch die Stadt Neustadt a. Rbge. ermöglichte außerdem die Nutzung des straßenseitigen Speichers als Buswartehäuschen entsprechend den Empfehlungen aus dem Dorferneuerungsplan für die Gestaltung der Dorfmitte.
Mit der Sanierung des Speichers, der Pflasterung des Vorbereiches und dem Bau eines ortsbildgerechten Überdaches für Fahrräder wurde unter tatkräftiger Mitarbeit der Mitglieder des Heimatvereines im Herbst 1989 begonnen. Diese Maßnahme wurde getrennt vom Projekt "Zweiständerhaus" aus Mitteln der Strukturhilfe und des Zweckverbandes Großraum Hannover finanziert.
Damit war der erste Schritt zur Erhaltung des historischen Anwesens getan.
Konkrete Planungen zur Restaurierung und baugleichen Gestaltung des Zweiständerhauses konnten dann zu Beginn des Jahres 1990 in Angriff genommen werden. Es war das erklärte Ziel aller daran Beteiligten, die denkmalwerte Substanz des Gebäudes größtmöglich zu erhalten und schadhafte Bauteile schonend zu sanieren. Die denkmalpflegerischen Aspekte waren dabei mit den praktischen Erwägungen zur Nutzung in Einklang zu bringen.
Das endgültige Planungskonzept wurde dann von den Mitgliedern des Schneerener Heimatvereines e. V. , dem Vertreter der unteren Denkmalschutzbehörde und dem von der Stadt Neustadt beauftragten Planer während mehrerer Arbeitssitzungen entwickelt.
Es ist dabei ein Ergebnis herausgekommen, das dem Gebäude seine Würde und Eigenart als geschichtliches Zeugnis der dörflichen Kultur belässt und an dem auch nach der Sanierung noch die vielfältigen Spuren seiner Baugeschichte zu erkennen sein werden. Die Nutzung wird sich des vorgefundenen "Gehäuses" bedienen und sich dem vorhandenen Grundriß anpassen. Auch bei der Innenausstattung soll auf "folkloristisches Dekor" verzichtet werden, um den späteren Besuchern die Authentizität der historischen Umgebung zu vermitteln.
Parallel zur Planung begannen die Mitglieder des Heimatvereines mit den ersten Aufräumungs- und Freilegungsarbeiten. Es zeigte sich dabei, das die Bausubstanz schlechter war als angenommen, was umfangreichere Baumaßnahmen und damit Kostensteigerungen zur Folge haben sollte. Dennoch kam man zügig voran und schon im November des Jahres 1990 konnten die ersten Fachhandwerker mit der Erneuerung von Fundamenten und Teilen des Fachwerks beginnen. Es folgte zunächst das Dach, wobei zunächst die alten Pfannen zu bergen waren, bevor die Zimmerarbeiten in Angriff genommen werden konnten.
Bei allen Arbeiten bemühte man sich, so weit wie möglich natürliche Baustoffe zu verwenden. Dies ging bis zur Rekonstruktion einzelner Wandbereiche mit dem originalen Lehmschlag. Den wichtigen Notwendigkeiten einer maroden Wärmedämmung wurde man durch eine besondere Wand- und Deckenkostruktion voll gerecht. Es wurde mit Ausnahme der Fundamente auf die Verwendung von Beton und Zement verzichtet.
Langsam verwandelte sich das alte Haus äußerlich vom vorgefundenen fragilen in den ehemals soliden und für diese Region typischen Zustand zurück. Die Sanierung des Inneren lässt mit der weiträumigen Diele, der offenen Kübbung auf der Westseite der Küche im Kammerfach und den Toilettenräumen im ehemaligen Pferdestall bereits die neue Nutzung erahnen.
Selbst Einheimische, die bisher dem Projekt "Zweiständerhaus" reserviert gegenüberstanden standen, zeigten sich durch die Fortschritte bei der Rekonstruktion tief beeindruckt.
Die Mitglieder des Heimatvereins unterstützten die ausführenden Handwerksfirmen nach Kräften. So wurden unter fachgerechter Anleitung des Planers und Bauleiters in Abend- und Wochenendeinsätzen Fundamentgräben ausgehoben, Altmaterial zur Wiederverwendung geborgen, Fachwerk gesäubert, schadhafte Lehmausfachungen repariert und verputzt, beim Dachdecken geholfen, Holzdecken genagelt, Holzfußböden verlegt, Anstricharbeiten durchgeführt etc.
Insgesamt wurden während der Bauphase mehr 1300 freiwillige Arbeitsstunden geleistet. Im Sommer 1991 wurde der Rohbau fertiggestellt.
Nach dem Einbau der Hausinstallation und der Fenster und Türen wurde der Ausbau so weit wie möglich durch den Schneerener Heimatverein e. V. durchgeführt.
Nach der Fertigstellung und Inbetriebnahme des Gebäudes verfügt Schneeren nun über einen ästhetischen und funktional hochwertigen Dorfmittelpunkt mit geschichtlicher Identität.
In den Jahren 2019 - 2021 wurde auch der Fachwerkschuppen vor dem Dorfgemeinschaftshaus vom Heimatverein erworben und liebevoll restauriert. So erstrahlen jetzt wieder beide Gebäude als Gesamtensemble.